»Wie organisiert man die Nachfolge des eigenen Unternehmens?« Diese Frage führte zwei gestandene Berater für Buchhandlungen zusammen, die nun ihr Wissen in einem Praxisleitfaden bündeln. Joachim Merzbach und Klaus-W. Bramann gliedern das Thema in sechs Phasen, die detailliert, einfühlsam und kenntnisreich geschrieben sind. Lesen Sie hier einige Absätze aus dem Kapitel »Nachfolge-Interessierte finden«, die mit Gedanken für ein Unternehmensexposé schließen.
Bevor Inhaber*innen von Buchhandlungen sich auf die Suche nach geeigneten Nachfolge-Interessierten begeben, haben sie mit der Klärung grundlegender Fragen bereits entscheidende Weichenstellungen getroffen:
- Wann möchte ich aufhören?
- Wie viel Zeit gönne ich mir für den Übergabeprozess?
- Möchte ich selbst nach einem Nachfolger suchen und die Verkaufsverhandlungen führen?
- Habe ich dafür ausreichend Zeit oder sollte ich Profis engagieren, die mir helfen?
- Möchte ich tatsächlich meine Verkaufsabsicht öffentlich machen? Ist mir klar, was ich damit auslöse?
In heutiger Zeit dürfte es selbstverständlich sein, dass Unternehmen, die verkaufen wollen, sämtliche Möglichkeiten ausloten, um ihre Verkaufsaussicht publik zu machen. Sie beraten sich (eher vertraulich) mit dem Großhandelsunternehmen, dessen Kunde sie ist, und besprechen – sofern sie Mitglied im Börsenverein ist – zunächst informell den Verkaufswunsch mit der Geschäftsstelle ihres Landesverbandes. Sie führen inoffizielle Gespräche auf Branchenveranstaltungen (Buchmesse, Seminare) oder inserieren gezielt auf Internet-Plattformen, wobei sich zwei anbieten:
- Buchhandlungsbörse des Börsenvereins
Hier stehen aktuelle Gesuche und Verkaufsangebote aus der ganzen Bundesrepublik. Man kann sowohl nach Bundesland als auch nach Typ (Gesuch, Angebot, Ladeneinrichtung) filtern. Die Anzeigenschaltung erfolgt über die Geschäftsstelle des Landesverbandes; Links zu den entsprechenden Mitarbeiter*innen ermöglichen eine schnelle Kontaktaufnahme. - Nexxt-change
Deutschlands größte Unternehmensnachfolge wird betrieben vom Bundesministerium für Wirtschaft und Umweltschutz (Stand 2024) und der KfW (Kreditanstalt für Wiederaufbau). Als Partner fungieren die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK), der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH), der Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken und die Finanzgruppe Deutscher Sparkassen- und Giroverband. Diese breit aufgestellte Datenbank bietet den Vorteil, auch Interessenten anzusprechen, die nicht aus der Buchbranche kommen.
Klaus-W. Bramann
Berater und Autor
Klaus-Wilhelm Bramann bezeichnet sich gern als „Spätgeburt des Buchhandels“, weil er erst nach dem abgeschlossenen Studium seine Lehre zum Buchhändler absolvierte. Von 1984 bis 1999 war der Dozent an der Deutschen Buchhändlerschule (heute: mediacampus frankfurt). 1998 entschied er sich für die berufliche Unabhängigkeit und firmiert seitdem als ›Bramann – Verlag und Beratung‹. Zusammen mit Claudia Ordelmans führt er praxisnah und mit viel Branchen- und Erfahrungswissen durch unsere Online-Seminare für Gründer*innen.
© Foto: Anja Krauß
Käuferprofil entwickeln und Liste möglicher Kaufinteressierter erstellen
Spätestens bei Aufgabe von Inseraten muss man sich Gedanken über einen ›Nachfolge-Steckbrief‹ machen. Bestenfalls kann ein möglicher Interessent sowohl Hard Facts (fachliches, kaufmännisches und betriebswirtschaftliches Know-how) vorweisen als auch unumgängliche Soft Skills. Die Nachfolgerin oder der Nachfolger sollte eine Persönlichkeit sein, die Entscheidungen treffen, aber auch Verantwortung delegieren kann; die konfliktfähig ist und trotzdem Durchsetzungsvermögen besitzt und die (soziale) Umgangsformen mit Kunden beherrscht.
Neben der Erstellung eines Käuferprofils steht auch eine Liste mit infrage kommenden Kaufinteressierten im Raum. Hierbei helfen folgende Fragestellungen:
- Wer könnte sich für meine Buchhandlung interessieren?
- Hat sich jemand schon einmal entsprechend geäußert?
- Gibt es Interessierte im Kreis der Mitarbeiter?
- Für welche (bislang konkurrierende) Buchhandlung wäre das Unternehmen als Zweitgeschäft interessant?
- Welcher regional oder überregional agierende Filialist käme für eine Übernahme in Frage?
Ob internes oder externes Kaufinteresse – es ist bei Verkaufsverhandlungen selten sinnvoll, nur auf ein Pferd zu setzen. Sofern man ein gutes Produkt anzubieten hat, ist es ratsam, mehrere Optionen zu prüfen und ggf. mehrere Kaufinteressenten anzusprechen.
Unternehmensexposé entwerfen
Unerlässlich für das weitere effektive Vorgehen ist die Erstellung eines Unternehmensexposés – vor allem wenn mehrere Kaufinteressierte angesprochen werden sollen. Das Exposé verfolgt das Ziel, den Interessenten neugierig zu machen und dessen Kaufinteresse zu wecken. Eine umfassende und professionell erstellte Verkaufsinformation beschleunigt den Verkaufsprozess erheblich und erspart die Beantwortung vieler Rückfragen.
Diese Unternehmensdarstellung ist ein Marketinginstrument und daher entsprechend textlich und formal aufzubereiten. Die Darstellung sollte werbend sein, aber nicht übertrieben, nicht episch und trotzdem substanziell und sämtliche Informationen enthalten, die zur ersten groben Einschätzung beitragen und dem Kaufinteressenten eine erste Orientierung geben. Das Exposé sollte inhaltlich somit nicht zu sehr ins Detail gehen, trotzdem vollständig und keine ›dunkle‹ Seite des Unternehmens verschweigen. Denn lückenhafte und unklare Inhalte führen meist dazu, dass spätestens in der Due-Diligence-Phase, wenn die betriebswirtschaftliche und steuerliche Seite vom Interessenten intensiv geprüft wird, ›Überraschendes‹ zu Tage tritt, was dann die Verhandlungen negativ beeinflussen kann.
Der Aufwand für das Erstellen eines Exposés lohnt sich in jedem Fall. Denn …
… die von einem Kaufinteressierten gewünschten Informationen und Daten müssen ohnehin zusammengestellt werden,
… mehrere Kaufinteressierte benötigen dieselben Basisinformationen,
… in der ersten Kontaktphase reicht ein allgemeiner Überblick zur Prüfung für den Kaufinteressenten aus und man muss noch keine sensiblen Daten übergeben.
Außerdem lässt sich aus den Informationen ein anonymisiertes Kurz-Exposé, ein
Teaser, erstellen, falls das Angebot breit gestreut werden soll, zum Beispiel über
die weiter oben genannten Verkaufsplattformen.
Tiefer einsteigen
Auf der Website des Bramann-Verlags finden Sie weitere Informationen zu dem Buch.
Dort können Sie zum Beispiel eine Leseprobe mit Vorwort, Inhaltsverzeichnis und dem Einstieg in das Kapitel „Phase 01: Nachfolge-Voraussetzungen“ herunterladen.