„Erst einmal die Fakten klären“, findet Moderatorin Claudia Ordelmans. „Wie viele Jugendliche können sich am KulturPass beteiligen?“

„Alle Jugendlichen, die 2005 geboren sind“, stellt Anna Maria Rottmann klar. „Das sind rund 750.000.“  Wichtig außerdem: Der KulturPass läuft noch mindestens vier Monate und alle Jugendliche, die in dieser Zeit 18 werden, bekommen auch dann erst ihr Budget ausgezahlt. Sie können es also auch erst zukünftig ausgeben. Heißt für Buchhändler*innen: Da sind noch so einige Bestellungen zu erwarten und es lohnt sich immer noch als Anbieter einzusteigen.

Im Herbst klärt sich, wie es mit dem KulturPass weitergeht. Wird er verlängert oder bleibt es bei diesem einem Jahr? Stand heute müssen die Jugendlichen ihr Budget im Jahr 2023 einlösen. Aber wer weiß: In Frankreich gibt es den pass Culture bald 4 Jahre.

Und gleich noch eine Frage zu den kursierenden Zahlen: Was ist eigentlich der Unterschied zwischen Registrierten Nutzer*innen und Identifizierten Nutzer*innen?

Registrierte Nutzer*innen sind diejenigen, die sich über Mail registrieren und die KulturPass-App herunterladen. Das kann theoretisch jede Buchhändler*in tun – zum Beispiel, um die Funktionen der App kennenzulernen. Identifizierte Nutzer sind diejenigen, die mit einem Ausweis registriert sind und Anspruch auf das Budget von 200 € haben – das sind die 18-Jährigen, erklärt Rottmann. Aktuell gibt es 355.000 Registrierte und 180.000 Identifizierte Nutzer*innen.

Keine Panik bei Stornierungen & Co

„Die Funktionen der App verstehen“ – das ist das Stichwort, um gleich tiefer in das Thema einzusteigen und weitere offene Fragen zu klären. Was passiert, wenn Buchhändler*innen Bestellungen ablehnen müssen. Beeinflusst das die Bewertung des Shops in der App? Wird dieser dann schlechter gerankt oder sogar gesperrt? Ein klares „Nein“ ist die Antwort von Anna Maria Rottmann auf diese Frage. Wichtig ist es, dass Buchhändler*innen, bevor sie eine Ablehnung vornehmen, immer Kontakt zu der Person hinter der Bestellung aufnehmen. Wichtig ist auch, dass dabei immer die eigenen Kontaktdaten angeben werden, falls die Besteller*innen Rückfragen haben. Denn, gut zu wissen: Auf die Nachrichten, die über den KulturPass verschickt werden, kann nicht direkt geantwortet werden.  Diese werden von einer noreply-Adresse verschickt. Aber zurück zur eigentlichen Frage. Wann kann das Stornieren  von Bestellungen negative Auswirkungen auf den Shop haben? Ganz einfach: wenn dies automatisch über den digitalen Marktplatz erfolgt  und das mehrmals geschieht. Gibt es keine Reaktion von Buchhändler*innen-Seite, werden Bestellungen automatisch nach fünf Tagen abgelehnt . Erfolgt das automatische Ablehnen  mehrmals, ist das ein klares Zeichen an die App: Dieser Shop ist inaktiv. Als Konsequenz wird nun auch der Shop automatisch deaktiviert.

Auch wenn Bestellungen nicht abgeholt werden, rät Claire Müller: „Melden Sie sich noch einmal bei den Besteller*innen.  Erst, wenn die Bestellung zehn Tage nicht abgeholt wurde, sollten Sie diese auch stornieren.“ Der Hintergrund – die Jugendlichen sehen bereits mit der Reservierung, dass der entsprechende Betrag vom Budget abgezogen wird und dieser steht dann erst einmal auch nicht mehr zur Verfügung, um andere Reservierungen zu tätigen. Die Reservierung ist „gefühlt“ so verbindlich wie ein Kauf. Auch eine Stornierung ist für die Jugendliche nur für kurze Zeit möglich. Wird die Stornierung vom Anbieter vorgenommen, wird der Betrag den Jugendlichen natürlich wieder gutgeschrieben.

Weiterentwicklung der KulturPass-App

Prio bei der Weiterentwicklung der KulturPass-App hat unter anderem das Geotargeting, daran wird mit Hochdruck gearbeitet. Fehler bei der Ortssuche treten allerdings vor allem bei Registrierten App-Nutzer*innen auf – bei Personen also, die diese zu Recherche- und Arbeitszwecken installiert haben – seltener bei Identifizierten Nutzer*innen. Wichtig, damit das Geotargeting klappt, ist zudem, dass in der App die eigene Postleitzahl angegeben wird und die Filteroptionen genutzt werden.

Von Teilnehmenden des Campus.Dialogs wird moniert, dass im VLB-Katalog, der mit der KulturPass-App verknüpft ist, Bücher angezeigt werden, die vergriffen oder nicht Bestandteil des KulturPass-Angebotes sind. Auch stimmten die Preise manchmal nicht.  Tatsächlich werden die Daten inzwischen einmal am Tag automatisch aktualisiert, sodass sich die Fehlerquote stark verringert hat. Wenn jemandem trotzdem etwas auffällt, kann er oder sie eine Mail an support@kulturpass.de schreiben.

Werben, werben, werben

Auch, wenn es bisher sehr gut läuft und das Buch der absolute KulturPass-Gewinner ist – noch nutzen nicht alle Jugendliche, die dazu berechtigt sind, das bereitgestellte Budget. Es geht also weiterhin darum, das Interesse bei den jungen Menschen zu wecken und aktiv für das Angebot zu werben.

„Gerne noch einmal einen Post bei Insta absetzen“, rät Moderatorin Claudia Ordelmans, „auch wenn das schon ein- zweimal Mal erfolgt ist. Immer noch einmal erinnern: Wir machen mit.“ Claire Müller ergänzt, dass auch ein Aufsteller auf dem Gehweg oder ein KulturPass-Schaufenster eine tolle Werbung für den KulturPass seien und weist noch einmal auf das Werbepaket hin, dass auf der Website des KulturPasses zum Download bereitstehe.

Soziale Unterschiede und das Gefälle zwischen Stadt und Land

Die Werbung wird übrigens mitnichten alleine den Buchhändler*innen und damit den Kulturanbietern überlassen. Auch die Stiftung Digitale Chancen rührt kräftig die Werbetrommel. Klar, junge Menschen sind online unterwegs, deshalb gibt es auch eine großangelegte digitale Werbekampagne, die direkt an Jugendliche adressiert ist. Es reicht schließlich nicht, dass Eltern und Großeltern den KulturPass für eine gute Sache halten, die Jugendlichen, die eigentliche Zielgruppe, aber nicht erreicht wird. Das hat die Stiftung Digitale Chancen im Blick, genauso wie das Gefälle zwischen Stadt und Land und die unterschiedlichen Hürden in unterschiedlichen sozialen Schichten. Sie arbeitet deshalb mit Schulen, Jugend- und Sozialverbänden zusammen und nimmt direkt Kontakt zu Städten und Gemeinden auf. Außerdem werden gezielt Kulturanbieter im ländlichen Raum akquiriert. Auf Festivals ist und war die Stiftung diesen Sommer ebenfalls präsent.

Aufschlauen lassen, Fragen stellen

Was einigen vielleicht noch unbekannt ist: Die Stiftung Digitale Chancen unterstützt Anbieter auch mit kostenlosen Webinaren rund um das KulturPass-Angebot.

Sind jetzt also noch Fragen offen, wie z.B.: Wie verläuft so ein Stornierungsvorgang eigentlich Schritt für Schritt? Dann gönnen Sie sich doch noch einmal etwas Input im Rahmen einer Online-Veranstaltung. Wir sind jedenfalls optimistisch, dass wir alle gemeinsam als KulturPass-Expert*innen in das Jahr 2024 starten und das Angebot der Bundesregierung in die nächste Runde geht.

Wir danken Anna Maria Rottmann und Claire Müller für den Einblick in die Arbeit der Stiftung Digitale Chancen und die hilfreichen Antworten und Ihnen, liebe Teilnehmer*innen, für die interessanten Fragen.

Das Wichtigste noch einmal zusammengefasst:

  • Lehnen Sie KulturPass-Bestellungen ab, hat das keinen negativen Einfluss auf Ihren Shop. Nur bei mehreren Ablehnungen, die automatisch von der App vorgenommen werden (weil Sie wiederholt nicht reagieren), droht Ihrem Shop eine Sperrung.
  • Mitmachen lohnt sich noch immer – mindestens weitere vier Monate läuft der KulturPass. Die Jugendlichen, die ihren 18. Geburtstag 2023 erst vor sich haben, haben ihr Budget noch vollständig zur Verfügung.
  • Bücher, die eigentlich vergriffen sind, in der KulturPass-App entdeckt? Der Preis stimmt bei einem Titel nicht? Sagt bei support@kulturpass.de Bescheid.
  • Ja, es hakt manchmal noch bei der Ortssuche in der App. Daran wird auf Hochtouren gearbeitet.
  • Gut zu wissen: Die Nachrichten in der KulturPass-App werden standardmäßig von einer noreply-Adresse verschickt. Nehmen Sie also Kontakt zu Besteller*innen in der KulturPass-App auf, geben Sie bitte immer eure Kontaktdaten in der Nachricht an. Die Jugendlichen können sonst nicht einmal ein „Danke“ zurückschreiben😉.
  • KulturPass? Das bekommt doch keiner mit! Doch. Und Sie müssen dafür auch nicht alleine die Werbetrommel rühren. Es gibt u.a. eine großangelegte digitale Werbekampagne, die genau Ihre Zielgruppe erreicht.
Claire Müller | Projektreferentin KulturPass (Stiftung Digitale Chancen)

Claire Müller

Projektreferentin KulturPass (Stiftung Digitale Chancen)

„Literatur, Theater, Konzerte, Ausstellungen, Kino… Für all dies schlägt mein Herz und ich glaube, man kann gar nicht früh genug damit anfangen, zu vermitteln, welch spannende Möglichkeiten unsere Kulturlandschaft bereithält. Neben meiner privaten Leidenschaft für die Künste habe ich auch Literaturwissenschaften studiert und war seither in verschiedenen Bereichen des Kultur- und Bildungssektors tätig. Als Projektreferentin beim KulturPass will ich mich dafür einsetzen, die Kulturbranche zu stärken, möglichst vielen jungen Menschen den Zugang zu dieser vielfältigen, bunten Welt zu erleichtern und ihre Begeisterung zu wecken für all das, was es dort zu entdecken gibt.“

Anna Maria Rottmann | Projektreferentin KulturPass (Stiftung Digitale Chancen)

Anna Maria Rottmann

Projektreferentin KulturPass (Stiftung Digitale Chancen)

„Die Themen Chancengleichheit, Digitalisierung und Kultur liegen mir, als Kulturwirtschaftlerin, besonders am Herzen. Aus diesem Grund freue ich mich, Teil des KulturPass-Teams zu sein. Am KulturPass motiviert mich besonders, Jugendlichen einen chancengleichen Zugang zu kulturellen Aktivitäten zu ermöglichen.“

Liebe Frau Goullon, seit Anfang des Jahres stehen auch viele englischsprachige Titel in der Bücherstube Flintbek. War das, Stand heute, eine gute Entscheidung?

Das war eine hervorragende Entscheidung. Wir hatten schon immer ein paar fremdsprachige Bücher hier und eine junge Kundin fragte uns, ob wir den Bestand nicht erweitern könnten. Das war ein paar Tage, bevor wir das Angebot von Libri zur Systemlösung bekamen. Klar, dass wir da nicht mehr lange gezögert haben.

In welcher Umgebung befindet sich Ihre Buchhandlung und wer kommt da zur Tür herein?

Unsere Buchhandlung liegt in einer ländlichen Gemeinde mit ca. 8000 Einwohner*innen etwa 7 km südlich von Kiel. Durch die Neubaugebiete sind viele Familien hergezogen, sodass unsere Kundschaft vom Alter und auch vom Background her eher gemischt ist: junge Familien, lesebegeisterte Rentner*innen, Lesekreise, Kinder und Jugendliche. Das Besondere ist aber, dass die meisten aus Flintbek und der Umgebung sehr buchaffin sind und auch sehr treu.

Und wer kauft Ihren Erfahrungen nach nun die englischsprachigen Titel?

Das sind hauptsächlich junge Frauen, Schülerinnen und ab und zu auch mal ein Mann.

Sie haben bei Ihrem Sortiment über die Systemlösung Just the Best von Libri auch einen Schwerpunkt auf Young Adult gelegt. Wie waren damit bisher Ihre Erfahrungen?

Ja, wir haben zeitgleich mit „Just the Best“ auch die „Young Adult“-Lösung bestellt und die ist wirklich ein Renner. Das Faszinierende ist, dass immer mehr junge Mädchen schon mit 13 anfangen, die Bücher im Original zu lesen. Wir sind immer wieder erstaunt, wie groß da die Nachfrage ist. Im Januar hatten wir gleich auf Instagram einen Post dazu und haben seitdem viele neue Kund*innen.

 

Kennen Sie schon unsere Systemlösung JUST THE BEST?

Mit der Just the Best-Systemlösung füllen Sie Ihre Regale mit sorgfältig kuratierten Titeln und bieten Ihren Kund*innen ein aktuelles, inspirierendes und verkäufliches Sortiment. Libri steht an Ihrer Seite, damit Sie erfolgreich originalsprachige Bücher verkaufen können.

Auf Ihrer Website informieren Sie darüber, dass Sie sich auch am KulturPass beteiligen. Welche Rolle spielen englischsprachige Titel dabei bisher bei den Bestellungen?

Bislang waren knapp die Hälfte der bestellten Bücher in englischer Sprache.

Und abschließend: Wie kam es, dass Sie sich überhaupt für eine Systemlösung entschieden haben? Welche Vorteile sehen Sie darin? Was war ausschlaggebend für Sie zu sagen, ich arbeite hier mit Libri zusammen?

Mit der Systemlösung schlagen wir zwei Fliegen mit einer Klappe: Wir bekommen die aktuellen Bücher automatisch zugeschickt, ohne dass wir uns durch den Dschungel der Neuerscheinungen quälen müssen, und sind damit dank Libri immer am Puls der Zeit. Und unschlagbar ist natürlich, dass die Rücksendungen nicht auf unsere Remiquote angerechnet werden. Ohne die Systemlösung hätten wir zwar auch englischsprachige Titel im Laden, aber nicht in dieser Auswahl. Insofern kam das Angebot, wie oben schon erwähnt, genau zum richtigen Zeitpunkt.

Ganz herzlichen Dank für das Gespräch!

 

FOTO PRIVAT – Jutta Goullon
FOTO PRIVAT – Jutta Goullon

Von 2007 bis 2018 war Jutta Goullon die alleinige Inhaberin der Bücherstube Flintbek, seit 01.01.2019 führt sie diese gemeinsam mit Miriam Flock.
Ihr liegen die kulturellen Veranstaltungen besonders am Herzen, um das Leben in Flintbek zu bereichern. In ihrer Freizeit trifft man sie meistens lesend und im Sommer schwimmend an…

Warum ist der KulturPass besonders für den stationären Buchhandel vielversprechend? 

Grundsätzlich einmal vorneweg: Das KulturPass-Guthaben kann nicht bei Online-Anbietern ausgegeben werden – Bücher müssen also vor Ort erworben werden. Wollen wir nun eine Prognose abgeben, wie sich der KulturPass auf den stationären Buchhandel in Deutschland auswirkt, können wir nach Frankreich blicken. Denn Vorbild für den KulturPass in Deutschland ist das französische Angebot. 

Tatsächlich ist die Erfahrung des französischen Buchhandels mit dem pass Culture äußerst positiv. In unserem Nachbarland wurden über die Hälfte des Guthabens (53 %) in Bücher investiert. Über den KulturPass (von 05/2021 bis 04/2022) wurden 7 Mio Bücher verkauft (das entspricht einem Umsatz von 81 Mio Euro). Zudem haben die Buchhandlungen neue Kund*innen hinzugewonnen: 48 % der aktiven KulturPass-Inhaber*innen geben an, dass sie mit der Buch-Abholung einen Ort entdeckt haben, den sie vorher nicht kannten.

Inwiefern hat der KulturPass das Potential, gerade den unabhängigen Buchhandel und kleine Buchläden zu stärken? 

Zum einen erscheinen die Angebote aller Anbieter in der KulturPass-App völlig gleichberechtigt. Es gibt keine Möglichkeit für den einzelnen Anbieter, sein Angebot besonders hervorzuheben und damit zu bewerben. Ein großes Werbebudget oder mehr Mitarbeitende können die Sichtbarkeit eines Buchladens in der App also nicht steigern.  

Die App arbeitet außerdem mit Geotargeting – d.h. der Nutzer*in wird die Buchhandlung vorgeschlagen, die am schnellsten zu erreichen ist. Auf diese Weise werden die jungen Erwachsenen auf Buchläden in ihrer Nachbarschaft aufmerksam gemacht. 

Und schauen wir erneut nach Frankreich: 49 % der Bücher, die von KulturPass-Nutzer*innen erworben wurden, stammen aus dem Angebot unabhängiger Buchhandlungen.

 

Weitere Informationen, Werbemittel zum Download sowie eine Anleitung zum Hinzufügen des Zahlungsmittels „KulturPass“ zur Korona Kasse finden Sie auf unserer Supportseite.

Ist der KulturPass auf Langfristigkeit angelegt? 

Der KulturPass wird zunächst an etwa 750.000 junge Erwachsene vergeben – an diejenigen, die 2023 18 werden. Dafür sind 100 Millionen Euro vorgesehen. Claudia Roth und Christian Lindner haben aber bereits angekündigt, dass sie das Angebot ausweiten möchten, sollte es sich bewähren. (Quelle: DIE ZEIT, 4. Juni) 

Gibt es eine Deadline für die Registrierung als Anbieter? 

Bisher gibt es keine Deadline. Das heißt, auch wenn die Registrierung zum KulturPass-Start noch nicht abgeschlossen ist oder Sie sich erst später entscheiden mitzumachen, es lohnt sich trotzdem. Das KulturPass-Guthaben wird auch nicht für alle Teilnehmenden Mitte Juni 2023 ausgezahlt, sondern erst einmal rückwirkend für diejenigen, die in diesem Jahr bereits achtzehn geworden sind und ab dann immer zu den jeweiligen Geburtstagen.  

Worauf sollte ich bei meinem Angebot als Anbieter achten? 

Jedem Buchladen steht der gesamte VLB-Katalog zur Verfügung. Wir wissen aber natürlich, dass englischsprachige Titel bei der Zielgruppe ganz besonders nachgefragt werden. Es macht also Sinn, das Angebot (zusätzlich zum VLB-Katalog) um englische Bücher zu ergänzen.

Wann gibt es eine zentrale Lösung, um die englischen Titel ins Angebot einzubinden? 

JETZT! Wir hatten mit einer Lösung Ende August gerechnet – tatsächlich ist es uns aber schon jetzt (am 26.6.) gelungen, eine Lösung bereitzustellen, bei welcher der Katalog mit über 35.000 englischsprachigen Titeln nur einmal verknüpft werden muss. Wie das geht, das erfahren Sie hier: Libri-Supportseite 

An wen wende ich mich bei spezifischen Fragen zum KulturPass?

Per Mail und Telefon können Sie hier Ihre Fragen direkt bei der „Stiftung Digitale Chancen loswerden“, die den KulturPass betreut (Stand 15.7.2023):

support@kulturpass.de

+49 (0)30 863 241 890

Mo. bis Die. und Fr. von 15 bis 17 Uhr | Do. von 11 bis 13 Uhr

Wo kann ich mich mit anderen Buchhändler*innen zum KulturPass austauschen?

Treten Sie doch zum Beispiel bei Facebook der Gruppe „Buchhändler*innen fragen zum KulturPass“ bei und gehen Sie dort in Austausch mit den Kolleg*innen:  https://www.facebook.com/groups/620026243419636/

Wo finde ich Best-Practice-Beispiele anderer Buchhandlungen?

Das Börsenblatt sammelt in einer neuen Reihe Best-Practice-Beispiele aus dem Buchhandel: Buchhandlung Graff in Braunschweig und Bücher Wenner haben den Anfang gemacht.

Der Pfingstmontag (29.05.2023) ist ein gesetzlicher Feiertag in Deutschland, an dem unser Lager in Bad Hersfeld nicht arbeitet. Unsere Auslieferungen in Deutschland verschieben sich entsprechend und erfolgen wie unten stehend:

Kund*innen mit Montagsbelieferung:

  • Die Auslieferung Ihrer Bestellungen von Samstag, 27. Mai erfolgt am Dienstag, 30. Mai 2023.

Kund*innen ohne Montagsbelieferung:

  • Die Auslieferung Ihrer Bestellungen von Samstag, 27. Mai erfolgt am Mittwoch, 31. Mai 2023.

Direktversand:

  • Die Verarbeitung Ihrer Bestellungen verschiebt sich durch die gesetzlichen Feiertage jeweils um einen Tag.

Der KulturPass ist ein Angebot der Bundesregierung. Alle, die 2023 ihren 18. Geburtstag feiern, erhalten ein Budget von 200 Euro.

Dieses können die jungen Erwachsenen unter anderem für Bücher einsetzen. Frankreich stand Pate für dieses Projekt. Hier zählt das Buch zum beliebteste „Kulturprodukt“, für welches das KulturPass-Guthaben ausgegeben wird.

Um als Anbietender am bundesweiten KulturPass teilzunehmen, ist eine Registrierung Ihrer Buchhandlung mit einem ELSTER-ZERTIFIKAT notwendig. Dieses können Sie, falls Sie noch keines besitzen, unter www.elster.de beantragen und ein Benutzerkonto erstellen.

TIPP: Da die Beantragung dauern kann (mitunter auch zwei Wochen), sollten Sie am besten sofort aktiv werden.

Ab Mitte Mai können Sie sich auf der KulturPass-Plattform registrieren.

Mitte Juni geht es dann richtig los. Nun können die 18-Jährigen den KulturPass nutzen.

Um Ihre Teilnahme beispielsweise auf Social Media etc. zu bewerben, können Sie das Teaser-Paket mit entsprechendem Werbematerial nutzen, das Sie sich hier downloaden können: Für Anbietende: kulturpass.de

Laufend aktualisierte Information erhalten Sie hier:

Für Anbietende: kulturpass.de

KulturPass für die Buchbranche (boersenverein.de)

Und wenn Sie auf der Leipziger Buchmesse sind, empfehlen wir Ihnen die Teilnahme an der Infoveranstaltung am 28. April um 11 Uhr am Stand der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien (Halle 2, B401).

Der 01. Mai 2020 ist ein gesetzlicher Feiertag in Deutschland. Unsere Auslieferungen in Deutschland verschieben sich entsprechend und erfolgen wie unten stehend

Kund*innen mit Montagsbelieferung:

  • Auslieferung Ihrer Bestellungen von Samstag, 29. April erfolgt am Dienstag, 02. Mai 2023

Kund*innen ohne Montagsbelieferung:

  • Auslieferung Ihrer Bestellungen von Samstag, 29. April erfolgt am Mittwoch, 03. Mai 2023

Direktversand:

  • Die Verarbeitung Ihrer Bestellungen verschiebt sich durch den gesetzlichen Feiertag um einen Tag

Karfreitag (07.04.2023) und Ostermontag (10.04.2023) sind gesetzliche Feiertage in Deutschland, an denen unser Lager in Bad Hersfeld nicht arbeitet.

Unsere Auslieferungen in Deutschland verschieben sich entsprechend und erfolgen wie unten stehend zu den gewohnten Anlieferzeiten.

Allgemein aufgrund des Karfreitags:

  • Auslieferung Ihrer Bestellungen vom Donnerstag, 6. April am Samstag, 8. April 2023

Kund*innen mit Montagsbelieferung:

  • Auslieferung Ihrer Bestellungen von Samstag, 8. April am Dienstag, 11. April 2023

Kund*innen ohne Montagsbelieferung:

  • Auslieferung Ihrer Bestellungen von Samstag, 8. April am Mittwoch, 12. April 2023

Direktversand:

  • Die Verarbeitung Ihrer Bestellungen verschiebt sich durch die gesetzlichen Feiertage jeweils um einen Tag.

Lieber Herr Kaps, Sie sind Kulturwissenschaftler und „Buchmensch“ – unter
anderem Verleger des altraverse Verlages. Kam Ihr Interesse an Manga als Leser oder über die wissenschaftliche Auseinandersetzung?

Letztlich war es ein Mix aus beidem. Als begeisterter Leser von Büchern aller Art war ich schon als Kind vom Erzählen in Bildern fasziniert. Die emotionale Tiefe, die der Mix aus Text und Bild erzeugen kann, hat mich von klein an sehr stark angesprochen. Und ich fand es immer faszinierend, dass man mit einem Stift und einem Blatt Papier komplette Welten erschaffen kann. Die Neugier des Kulturwissenschaftlers wurde dann dadurch geweckt, dass ich mich vor fast 30 Jahren plötzlich in einer Phase der kompletten Veränderung dieser Form wiederfand. Manga haben fast alles infrage gestellt, was wir zuvor in Europa über Comics zu glauben wussten. Und sie hatten vom ersten Tag an die jungen Leser auf ihrer Seite. Ich wollte verstehen, warum dieser Bruch mit Lesetraditionen in dieser Radikalität möglich war. Und ich fand Freude daran, ein aktiver Teil dieses disruptiven Prozesses sein zu dürfen.

Wann genau haben Sie Manga entdeckt? Gab es da so eine Art Erweckungserlebnis?

Ich hatte während meines Studiums Abonnements nahezu aller relevanten Fachzeitschriften über Comics aus dem In- und Ausland laufen und natürlich auch sehr viel wissenschaftliche Literatur zum Thema gelesen. Meine erste Begegnung mit Manga war daher eine Sekundärerfahrung. Bücher wie Manga! Manga! The World of Japanese Comics von Frederik L. Schodt (1983) und was sie in der Berichterstattung in Magazinen wie dem legendären The Comics Journal nach sich zogen, waren meine ersten Berührungen mit Manga. Ob meiner fremdsprachlichen Begrenztheit war ein Primärkonsum mir erst möglich, als die ersten englischen und französischen Übersetzungen verfügbar wurden.

FOTO PRIVAT – Dr. Joachim Kaps

Was kann nun Manga, was westliche Comics vielleicht nicht so gut können? Oder anders: Was erklärt die Faszination gerade auch bei jungen Menschen für die Welt von Dragon Ball, Naruto & Co?

Es geht für mich bei der Frage nicht um »gut« oder »schlecht«, sondern vor allem um »anders«. Ich liebe auch den westlichen Comic und Graphic Novels unverändert. Aber die Rahmenbedingungen, unter denen Manga in Japan entstehen, haben einfach neue Formen des Erzählens in Bildern hervorgebracht, die im klassischen Comic nicht möglich waren. Das hat mit dem Raum für Bilder zu tun, die dem Erzählen im Manga zur Verfügung stehen, mit dem Umfang und Tempo der Produktion, aber auch mit einer sehr großen Nähe zum Publikum, dem in Japan über Jahrzehnte hinweg nicht nur die Möglichkeit gegeben wurde, Feedback zu geben, sondern das auch ernst genommen wurde. Das hat komplexeres Erzählen, eine ganz andere Art von entwicklungsfähigen Figuren und immer auch ein sehr schnelles Reagieren auf Trends mit sich gebracht. Und genau das begeistert natürlich vor allem ein junges Publikum.

Witzigerweise ist ja auch der Zeichentrickfilm zu Heidi aus den 70er-Jahren eine Anime-Serie von Zuiyo Enterprise. Sind Manga also viel vielfältiger, als man zunächst annimmt? Und könnte man sogar die etwas steile These aufstellen: Da ist für jede und jeden etwas dabei?

In keinem anderen Land hat sich eine vergleichbare Vielfalt an Themen und Stilen bei Bildergeschichten entwickelt wie in Japan. Nur wurde diese Vielfalt in den frühen Jahren der Ankunft in den europäischen und amerikanischen Märkten zunächst nicht gesehen, weil sich das Gros der westlichen Verlage zunächst auf die ganz großen Bestseller konzentriert hat, was ökonomisch ja auch sinnvoll war. Nach und nach sehen wir aber im Angebot übersetzter Manga nicht mehr nur die Spitze des Berges, sondern den Berg selbst. Wie unglaublich vielfältig der japanische Markt war, hatte der schon erwähnte Frederik L. Schodt früh aufgezeigt, nur kannte eben kaum jemand sein fantastisches Buch.

 

Kennen Sie schon unsere Systemlösung Best of Manga?

Mit der Best of Manga-Systemlösung erhalten Sie ein kuratiertes zukunftsgerichtetes Manga-Sortiment und werden darüber hinaus mit aktuellem Wissen und professioneller Kompetenz begleitet.

Wenn man nun kaum Berührungspunkte zu Manga hat, sich aber für den gegenwärtigen Hype interessiert und diesen verstehen will, wo setzt man an?

Das ist tatsächlich gar nicht so leicht zu beantworten, weil es immer von individuellen Lesebiografien abhängen wird, wo man für sich einen Zugang findet. Ich empfehle allen, die sich für Jugendliteratur interessieren, eigentlich gerne die ersten Bände von One Piece, weil sie verstehen helfen, dass es im Manga sehr vertraute Erzählmuster gibt, die nur anders umgesetzt werden. Der Start der Schatzsuche von Monkey D. Ruffy ist im Grunde eine sehr temporeiche Variation des Klassikers Die Schatzinsel. Die ersten sieben Bände von Dragon Ball können einem die kindliche Freude an einer märchenhaften Geschichte und den liebenswerten Aufbau eines faszinierenden Arsenals von Figuren nahebringen. Wenn man sich eher von der erwachseneren Seite nähern möchte, würde ich zu Werken von Naoki Urasawa oder dem gerade bei altraverse erschienenen Ketzer – Tödliches Wissen über die Bewegung der Erde raten. Jenseits des Mainstreams ist schließlich Kitaro eine echte Offenbarung, das der stets und ständig nach Innovation strebende Dirk Rehm mit seinem Verlag Reprodukt nach Deutschland geholt hat.

Und ganz persönlich: Was sind momentan Ihre zwei Lieblingstitel und was ist das Besondere an diesen?

Ich habe bis heute Freude an der Vielfalt von Manga. Aktuell begeistert mich die unheimliche Aura, die Mokumokuren in Der Sommer, in dem Hikaru starb entstehen lässt, weil mich einzelne Sequenzen wirklich überrascht haben. Das Unheimliche breitet sich in einem ganz alltäglichen Setting wie ein Spinnenschwarm aus und lässt einen immer wieder ein wenig ratlos zurück. Ich liebe es, wenn Bücher so etwas mit mir machen. Wenn ich Lust auf Entspannung habe, greife ich immer wieder voller Freude zu der großartigen Superhelden-Parodie Rooster Fighter, in der ein Hahn sich dem Kampf gegen Monster stellt, die die Erde heimsuchen. Auch dank der fantastischen Übersetzung von Anemone Bauer ist das für mich Unterhaltung pur!

Vielen Dank für diesen Einblick!

Gerade hat der erste Workshop der Projektgruppe zum diesjährigen Motto des Libri. Campus live stattgefunden. Was reizt Sie, Herr Eisenmann, als Buchhändler und Teilnehmer und Sie, Herr Große Holtforth, in der Rolle des Workshopleiters an der Beschäftigung mit der jungen Zielgruppe?

Martin Eisenmann (ME): Unsere Buchhandlung hat den Anspruch, Kund*innen ein Leben lang zu begleiten. Besonders im Grundschulalter haben wir eine treue Stammkundschaft, die wir aber leider immer öfter mit Beginn der Pubertät verlieren. Deshalb fand ich es sehr spannend, als ich auf der letzten Buchmesse in Frankfurt das Thema des Libri.Campus 2023 erfahren habe. Die Teilnahme an der Projektgruppe gibt uns nun die Möglichkeit, Konzepte zu finden und auszuprobieren, um diese Kundenlücke zu schließen.

Roland Große Holtforth (RGH): Diese Zielgruppe nimmt aus meiner Sicht eine Schlüsselrolle für die gesamte Branche ein. Im Umgang mit ihr könnte sich entscheiden, inwieweit es uns gelingt, in den „Online-Generationen“ das Buch als Medium sowie den Buchhandel als primären Vertriebsweg präsent zu halten.

 

Die Projektgruppe:

Nach dem Erfolg 2022 gibt es auch 2023 eine Projektgruppe, die im Vorfeld des Libri.Campus live Ideen zum thematischen Schwerpunkt entwickelt und in der Praxis testet. Um die „Generation Book“ greifbarer zu machen, hat Libri in Kooperation mit der Markforschungs-Expertin Jana Lippmann vom Börsenverein des Deutschen Buchhandels Interviews geführt. 31 Jugendliche und junge Erwachsenen wurden zu ihren Lese- und Kaufgewohnheiten befragt.

Wie lässt sich diese Zielgruppe aus Jugendlichen und jungen Erwachsenen überhaupt fassen? Was zeichnet diese Buchkäufer aus Ihrer Sicht aus?

RGH: In Vorbereitung auf den ersten Workshops und um die Zielgruppe greifbarer zu machen, haben wir Jugendliche und junge Erwachsene zu ihrem Leseverhalten befragt. Auffällig finde ich, ihre ungeheure Beweglichkeit beim Zugang zu Inhalten. Analog oder digital, neu, gebraucht oder geliehen, Deutsch oder Englisch – sie kennen und kombinieren praktisch alle Vertriebswege, Formate und Preise und navigieren lässig durch eine Medienwelt, die Älteren als Dschungel erscheinen mag. Gleichzeitig gibt es gerade bei denen, die regelmäßig lesen, oft eine große Sympathie für den stationären Buchhandel – was auf eine ausgeprägte Werteorientierung schließen lässt, die häufig auch den Wunsch nach nachhaltigem Shoppen umfasst. Beides zeigt, dass diese Zielgruppe enorm reflektiert ist. Dazu gehört auch: Wirtschaftlichkeit, also Preis und Mehrwert von Inhalten, ist ein wichtiges Thema.

ME: Ich stelle in der Praxis fest: Die Zielgruppe wird in diesem Alter immer weiblicher. Jungs beim Lesen halten? Ich werde es bei meinen eigenen in den kommenden Jahren versuchen. Leider liegt der Fokus bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen aber oft woanders. Wer aber beim Lesen bleibt, das ist mein Eindruck, wird oft zum Vielleser.

Wie gehen Sie in der Projektarbeit vor? Wie nähert sich die Gruppe dem Thema?

ME: Die Projektgruppe bekam zuerst einen spannenden Einblick in die Interviews mit Jugendlichen und jungen Erwachsenen, die Libri in Kooperation mit dem Börsenverein geführt und ausgewertet hat.

RGH: Wir haben den Videosequenzen aus den Zielgruppeninterview einige Leitfragen zur Seite gestellt. Schließlich ging es in die Gruppenarbeit und bei dieser unter anderem um die Frage, wie die Buchhandlungen mit konkreten Maßnahmen ihren Umsatz mit der Zielgruppe steigern können.

ME: In drei Gruppen haben wir erste Ideen entwickelt, ausgetauscht und gesammelt. Der schönste Ausspruch an diesem Nachmittag war für mich: „Kopieren und Übernehmen ist in diesem Fall ausdrücklich erwünscht“.

Wie war die Stimmung bei dem ersten Treffen der Projektgruppe?

RGH: Von Anfang an haben wir gemerkt: Hier sind Kolleg*innen am Start, die konkret etwas für sich erreichen möchten. Toll fand ich auch zu hören, welche Erfolge die Buchhändler*innen teilweise schon bei dieser Zielgruppe erzielt haben – und welche sie noch erzielen wollen. „Hier geht noch einiges“, war der allgemeine Tenor.

Gab es etwas, das Sie hinsichtlich der Thematik oder der Ergebnisse besonders überrascht hat?

ME: Besonders überrascht haben mich die vielfältigen Ideen, die in der kurzen Zeit entstanden sind. Für mich gab es bereits erste Erkenntnisse, die mir in meinem Alltag in der Buchhandlung unterbewusst aufgefallen waren, aber nicht greifbar waren. Zum Beispiel die Aussage, dass jungen Erwachsenen ein geschützter Raum wichtig ist – auch und besonders in kleinen Buchhandlungen.

RGH: Mit Blick auf die Zielgruppe hat mich die Selbstverständlichkeit überrascht, mit der ein Großteil der Interviewten Bücher auf Englisch liest – regelmäßig, mitunter sogar ausschließlich. Sie erwarten von Buchhandlungen einfach, dass diese ihnen hier eine gewisse Auswahl bieten. So hat eine relevante Zahl der Befragten angegeben, dass sie sich in einer Buchhandlung immer zuerst die fremdsprachigen Bücher ansehen.

FOTO: PRIVAT – Martin Eisenmann ist seit dem 8.5.2009 Inhaber der neugegründeten Buchhandlung Bücher Pavillon. Als Familienvater liegt ihm die Leselust der jüngeren Bevölkerung am Herzen. Neues auszuprobieren und bestehende Pfade zu verlassen, war schon immer seine Philosophie.
FOTO: SABINE FELBER – Roland Große Holtforth ist Geschäftsführer der PR- und Marketingagentur Literaturtest und Mitglied im Sprecherkreis der IG Digital. Er unterstützt Verlage und Buchhandlungen bei Strategie- und Kreativprozessen.

Wie geht es nun weiter? Was haben Sie sich für den zweiten Workshop vorgenommen?

ME: Jede*r konnte sich für konkrete Ideen eintragen, die bis zum nächsten Treffen im Team abgesprochen und abgestimmt werden sollen. Daraus ergibt sich dann ein Projektziel bis zum Mai – in unserem Fall werden wir uns intensiv mit dem Thema Kommunikation mit der Zielgruppe beschäftigen. Aber nicht nur mit dem „Wie“, sondern auch mit dem „Was“ werden wir uns auseinandersetzen. Dabei ist unser Anspruch, den Zeitaufwand pro Woche möglichst alltagstauglich zu halten. Aber auch sonst haben wir bereits in der kurzen Zeit einige Änderungen im Laden vorgenommen – z. B. Regale getauscht, Sortiment erweitert, Kommunikation in den Sozialen Medien. Es wird eine spannende Zeit, und wir werden den jungen Menschen intensiv zuhören.

Und wie sehen die nächsten Tage bei Ihnen aus, Herr Große Holtforth? Wie bereiten Sie als Workshopleiter das nächste Treffen vor?

RGH: Spannend wird es, wenn wir demnächst erfahren, welche der gemeinsam entwickelten Ideen die einzelnen Buchhandlungen bei sich umsetzen möchten. Wir haben uns da eine Deadline gesetzt. Mit diesem Wissen gehen wir in den zweiten Workshop , in dem aus Ideen umsetzbare Pläne werden sollen. Diese Umsetzungen gehen die Buchhandlungen dann direkt im Anschluss an – jede für sich, aber natürlich begleitet von uns als Projektteam.

Lassen Sie uns noch ein wenig weiter in die Zukunft blicken. Was wird im Mai auf dem Libri.Campus live in Bezug auf die Projektgruppe passieren? Oder vielleicht auch: Was sollte optimalerweise passieren?

ME: Wir Projektbuchhandlungen werden unsere Ergebnisse auf dem Libri.Campus präsentieren und natürlich auch im persönlichen Gespräch gerne von den Erfahrungen berichten. Und dann wünsche ich den Kolleg*innen und mir, dass wir voller Ideen und voller Tatendrang uns die nächste Generation an Buchkäufer*innen wieder in die Buchhandlung holen und dort auch halten.

RGH: Extrem spannend wird sein, von welchen Erfolgen und Erfahrungen aus der Projektarbeit die Buchhandlungen auf dem „Laufsteg“ des Libri.Campus berichten werden. Davon lassen sich dann hoffentlich viele weitere Buchhandlungen inspirieren. Denn die Umsatzpotenziale bei dieser Zielgruppe nutzen zu wollen, erscheint mir betriebswirtschaftlich, aber vor allem strategisch eine extrem gute Idee zu sein.

Vielen Dank für das interessante Gespräch! 

Liebe Frau Meininghaus, wie kam es dazu, dass Sie als Geschäftsführerin der Nordbuch-Gruppe sich dem Thema „gering literarisierte Menschen“ angenommen haben?

Auf dem letzten Libri.Campus live hat Lukas Heinemann von der Stiftung Lesen einen Vortrag zu gering literarisierten Menschen gehalten und uns in ihre Lebenswelten mitgenommen. Das hat mich wirklich wachgerüttelt.

Wach gerüttelt – in welcher Hinsicht?

Zunächst war ich von der hohen Zahl überrascht und dann in der Konsequenz erschrocken: 6,2 Mio. Menschen in Deutschland können nicht richtig lesen und schreiben. Da liegt es nahe, dass Teilhabe auf vielen gesellschaftlichen Ebenen kaum möglich scheint, mindestens aber sehr erschwert ist.
Doch wenn Sie sich mit der Lebenswelt dieser Menschen beschäftigen, werden Sie lernen, dass diese mitten in der Gesellschaft verwurzelt sind. Die meisten von ihnen haben einen Schulabschluss und gehen einer festen Arbeit nach. Das sind unsere Nachbarinnen oder Sportkollegen. Und als Buchhändlerin sehe ich natürlich auch die Entwicklung, dass wir immer mehr Leser*innen und damit auch Buchkäufer*innen verlieren. Da können wir nicht einfach zuschauen!

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Möchten Sie sich zum Thema „Zielgruppe gering literarisierte Menschen“ engagieren?
Melden Sie sich gern bei:
Swantje Meininghaus
oder Libri.Campus-Team

 

Im Herbst 2022 waren Sie dann mit Dr. Maas, Geschäftsführer der Stiftung Lesen, zu Gast beim Campus.Dialog. Hier ging es um die Frage, wie der Buchhandel gering literarisierte Erwachsene erreichen kann. Wie ist da Ihre Einschätzung?

Die Herausforderung ist groß, das möchte ich nicht klein reden. Daher macht es Sinn, sich die Zielgruppe noch genauer anzuschauen. Die Lesekompetenz wird über sogenannten Alpha-Level definiert, von Alpha 1, das bedeutet Kompetenz auf Buchstabenebene, bis Alpha 3 – Kompetenz auf Satzebene. Wenn wir von den 6,2 Mio. gering literarisierten Menschen sprechen, bewegen wir uns in diesen drei Kompetenzstufen. Für den Buchhandel liegt – nach meiner Einschätzung – das viel größere Potential aber auf dem Alpha-Level 4. Diese Personengruppe kann eigentlich lesen, sie tut es aber kaum, da es Mühe bereitet und nicht mit Spaß verbunden ist. Wenn wir für diese Gruppe spannende Leseangebote schaffen, erschließen wir uns nicht nur eine neue Zielgruppe, wir verhindern auch, dass die Lesekompetenz weiter abnimmt. Denn Menschen, die lesen können, auch wenn das mit Schwierigkeiten verbunden ist, sollten das auch tun. Lesen kann nämlich tatsächlich auch wieder verlernt werden.

Was wissen wir über diese Zielgruppe?

Wir haben uns intensiv mit der Stiftung Lesen ausgetauscht, die sich in ihrer Forschung auf die Alpha-Stufen 1 bis 3 konzentriert. Ihre Erkenntnisse über Interessen und Lebensumstände der Zielgruppe sind sehr gut auf die Zielgruppe Alpha 4 zu übertragen. Ende Januar haben wir uns mit engagierten Buchhändler*innen aus der Nordbuch-Gruppe bei Libri in Bad Hersfeld zu einem Workshop getroffen. Da ging es darum, ein noch besseres Verständnis für ihre Lebenswelt zu entwickeln. An dieser Stelle herzlichen Dank an Isabelle Wilden von der Stiftung Lesen, die den Workshop mit ihren Einschätzungen sehr bereichert hat.

Und konnten Sie schon erste Ansätze entwickeln, wie Sie diese Zielgruppe erreichen wollen?

Ja, tatsächlich. Im ersten Schritt haben wir Personas definiert und haben uns dann mit Hilfe einer Empathy Map intensiv mit deren Bedürfnissen beschäftigt. Davon ließen sich Themen und Interessen ableiten und auch mögliche Szenarien, wie wir Buchhändler*innen dieser Zielgruppe begegnen können. Als konkrete Maßnahme sind hier zum Beispiel erste Bücherlisten entstanden.

Wie sehen die nächsten Schritte aus?

Auf der Nordbuch-Tagung am 23. und 24. Februar werden wir Ideen rund um unsere erste Persona vorstellen und hoffentlich weitere Mitstreiter*innen für unser Anliegen gewinnen. Ich persönlich denke, dass wir uns über Ausprobieren und Austausch untereinander dieser Zielgruppe nähern müssen. Unsere Erfahrungen teilen wir gern mit allen, die an diesem Thema Interesse haben. Das ist auch durchaus als ein Aufruf zu verstehen. Melden Sie sich bei mir oder bei Libri!

Man spürt, das Thema liegt Ihnen wirklich am Herzen. Wie reagieren Kolleg*innen im Buchhandel auf Ihre Initiative?

Allen ist klar: Diese Zielgruppe ist nicht einfach zu erreichen. Wir brauchen einen langen Atem und bei einigen Ansätzen werden wir auch unsere Komfortzone verlassen müssen.

Was sagen Sie denen, die noch zögern?

Der Aufwand wird sich lohnen, denn mit jeder Idee in diese Richtung wird der Buchhandel nahbarer und auch vielfältiger. Und das wird auch auf andere Zielgruppen ausstrahlen und den Buchhandel für viele sympathischer und attraktiver machen!

Herzlichen Dank für das Interview und Ihr Engagement, Frau Meininghaus!